Von Lesenden zu Nutzenden: Wie UX-Writing das Marketing neu definiert
In einer Zeit, in der digitale Produkte und Dienstleistungen den Alltag bestimmen, ist die Benutzererfahrung (User Experience, UX) ein entscheidender Faktor für den Erfolg von Unternehmen. Als UX-Writing Expertin weiss ich, dass selbst klitzekleine Worte den Unterschied zwischen «Lust und Frust» bzw. «Kauf und Nicht-Kauf» machen können.
Viele Menschen denken bei «UX» zuerst an Design und Technologie. Es gibt jedoch eine weitere, ebenso wichtige Komponente: UX-Writing.
Marketing-, und Kommunikations- und UX-Teams entdecken immer mehr, was gezieltes UX-Writing für sie tun kann – sei es, um die Benutzererfahrung zu verbessern, den Umsatz zu steigern oder die Markenwahrnehmung positiv zu beeinflussen.
Hier also eine kleine Einführung. Was UX Writing ist, was es nicht ist, warum es so wichtig ist und wie Unternehmen davon profitieren können. Mit praktischen Tipps und Tricks, um das Potenzial von UX-Writing voll auszuschöpfen.
1. Was ist UX-Writing?
UX-Writing steht für «User Experience Writing». Es handelt sich also um eine Art des Schreibens, bei der die Benutzererfahrung im Vordergrund steht. Meist geht es dabei um die Interaktionen zwischen Nutzer*innen und einem digitalen Produkt wie einer Website, einem Kundenportal oder einer App. Texte für diese Produkte sollen nicht nur Inhalte vermitteln, sondern auch eine möglichst nahtlose, intuitive und angenehme Benutzererfahrung ermöglichen.
UX-Writer analysieren zuerst die Nutzer*innen, deren Kontext, Bedürfnisse und Wünsche. Auf Basis dieser Analyse wird dann der Text entwickelt, der die Bedürfnisse der Nutzer*innen mit den Zielen des Unternehmens in Einklang bringt.
2. Was sind typische UX-Writing-Elemente?
UX-Writing umfasst zahlreiche Elemente, die ein digitales Produkt intuitiv und benutzerfreundlich machen. Dazu gehören z.B. Navigationshinweise wie Menüpunkte, verständliche Button-Beschriftungen, sowie Serviceanleitungen und Fehlermeldungen. Onboarding-Texte erleichtern den Einstieg in eine Anwendung, während Bestätigungs- und Erfolgsnachrichten abgeschlossenen Aktionen bestätigen. All diese Elemente (und noch einige mehr) tragen zu einer nahtlosen und angenehmen Benutzererfahrung bei.
3. Weshalb ist UX-Writing wichtig?
In einer digitalen Umgebung ist die Kommunikation mit Nutzer*innen entscheidend für den Erfolg eines Produkts. UX-Writing spielt dabei eine zentrale Rolle, weil es dafür sorgt, dass die Interaktionen mit dem Produkt klar und verständlich sind.
Verbesserung der Benutzererfahrung
Gut durchdachtes UX-Writing führt die Nutzerschaft effizient durch eine Anwendung, verringert Unsicherheiten und minimiert Frustrationen. Durch präzise und verständliche Texte wird die Navigation intuitiver, sodass die Nutzer*innen schneller zum gewünschten Ziel gelangen.
Stärkung der Markenwahrnehmung
UX-Writing trägt auch zur Festigung der Markenidentität bei. Ein einheitlicher Ton und eine konsistente Sprachführung sorgen dafür, dass die Nutzer*innen eine positive, kohärente Erfahrung mit der Marke haben, was das Vertrauen und die Bindung an die Marke stärkt.
4. Wie können Unternehmen vom UX-Writing profitieren?
Unternehmen, die UX-Writing strategisch einsetzen, können auf vielfältige Weise davon profitieren. Die Optimierung von Texten in digitalen Produkten führt nicht nur zu zufriedeneren Nutzer*innen, sondern auch zu handfesten Geschäftsergebnissen.
Steigerung der Kundenbindung und -zufriedenheit
Wenn Nutzer*innen eine positive Erfahrung mit einer Anwendung machen, kommen sie eher zurück. Gut geschriebenes UX-Writing trägt dazu bei, dass die Nutzer*innen sich gut aufgehoben fühlen, weil sie jederzeit wissen, was sie tun müssen und was als Nächstes passiert.
Erhöhung der Conversion-Rate und des Umsatzes
Gezielt eingesetzte Texte können die Nutzer*innen dazu ermutigen, bestimmte Aktionen auszuführen, wie beispielsweise einen Kauf abzuschliessen oder sich für einen Newsletter anzumelden. UX-Writing optimiert die Kommunikation so, dass Hindernisse beseitigt werden und die Nutzer*innen schneller zu einer Entscheidung kommen.
Verringerte Support- und Servicekosten
Gezielt eingesetztes UX-Writing kann nicht nur die Benutzererfahrung verbessern, sondern auch dazu beitragen, Support- und Servicekosten signifikant zu senken. Klar formulierte Anleitungen, präzise Fehlermeldungen und hilfreiche Microcopy (also kleine Textschnipsel, die etwa durch Websites führen) reduzieren die Notwendigkeit, dass die Nutzer*innen den Kundensupport kontaktieren müssen. Wenn sie genau wissen, was zu tun ist und wie sie potenzielle Probleme selbst lösen können, sinkt die Anzahl der Supportanfragen. Dadurch entlasten gut gestaltete Texte die Support-Teams und führen zu effizienteren Betriebsabläufen, was letztlich die Gesamtkosten für Support und Service senkt.
5. Wie UX-Writing den Umsatz steigern kann
Das Potenzial von UX-Writing, den Umsatz zu steigern, ist erheblich. Durch gezielte Anpassung und Optimierung der Texte können Conversion-Rates verbessert und Kaufentscheidungen positiv beeinflusst werden.
Beispiel: E-Commerce
Ein typisches Beispiel ist die Optimierung von E-Commerce-Seiten durch UX-Writing. Wenn beispielsweise die Texte in Checkout-Prozessen klar und verständlich sind, sinkt die Abbruchrate, was direkt zu höheren Umsätzen führt. Auch die Anpassung von Call-to-Action-Texten, wie «Jetzt kaufen» oder «Weiter zur Kasse», kann einen entscheidenden Unterschied machen.
Die Rolle von Microcopy und Call-to-Action-Texten
Microcopy, also die kurzen Textelemente innerhalb einer Anwendung, spielen eine zentrale Rolle im UX-Writing. Diese Texte, wie zum Beispiel die Beschriftungen von Buttons oder Anweisungen in Formularen, können massgeblich dazu beitragen, dass die Nutzer*innen eine gewünschte Aktion ausführen. Klar formulierte und gezielt platzierte Call-to-Action-Texte führen dazu, dass Nutzer*innen seltener zögern und eher handeln.
6. Die Rolle von UX-Writing in Teams
Je nach Unternehmen und Projektanforderungen kann UX-Writing eine Vollzeitstelle oder eine von mehreren Rollen sein, die eine UX- oder Kommunikationsfachperson ausfüllt.In grösseren Unternehmen oder Unternehmen mit starkem UX-Fokus gibt es oft spezialisierte UX-Writer mit entsprechender Ausbildung. Sie konzentrieren sich ausschliesslich auf die Erstellung und Optimierung von Texten zur Verbesserung der User Experience.
UX-Writing kann aber auch eine von mehreren Aufgaben sein, die jemand in der UX- oder Kommunikationsabteilung mit entsprechender Weiterbildung übernimmt. In beiden Fällen erfordert es jedoch ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse der Nutzerschaft und die Fähigkeit, klar und präzise zu kommunizieren.
7. Die wachsende Bedeutung von UX und UX-Writing
In der digitalen Welt verschmelzen die Grenzen zwischen Werbung, Verkauf und Nutzung eines Produkts oder einer Dienstleistung immer mehr. Eine Website ist beispielsweise nicht mehr nur ein Marketing- oder Informationsinstrument, sondern oft ein zentraler Bestandteil der Service- oder Produkterfahrung.
Die Nutzer*innen erwarten nicht nur ansprechende Inhalte, sondern eine reibungslose, intuitive und angenehme Interaktion. Daher ist es unerlässlich, dass bei Webprojekten sowohl Werbe-, Marketing- und Kommunikationsaspekte als auch UX-Aspekte berücksichtigt werden.
Interaktion ist dabei ein Schlüsselbegriff: Websites werden heute nicht mehr nur gelesen – Besucher*innen interagieren, klicken, scrollen, scannen, wischen und navigieren aktiv. Diese Entwicklung hat aus ehemaligen «Leser*innen» Nutzern*innen gemacht, die eine aktive Rolle in ihrer Erfahrung mit einem Produkt einnehmen.
Dadurch gewinnt die Disziplin UX-Writing zunehmend an Bedeutung, da sie sicherstellt, dass diese Interaktionen sinnvoll und benutzerfreundlich gestaltet sind. Durch die nahtlose Integration der Nutzererfahrung in das Produkt tragen UX und UX-Writing entscheidend dazu bei, dass die Gesamterfahrung mit einer Marke oder einem Produkt positiv und zufriedenstellend ist.
8. Tipps und Tricks für effektives UX-Writing
Wie gelingt es, Texte zu verfassen, die wirklich einen Unterschied machen? Hier sind einige bewährte Tipps und Tricks.
1. Klar, prägnant, hilfreich
Vermeide unnötige Fachbegriffe, Marketing-Plattitüden und komplizierte Formulierungen. Die Texte sollten so einfach und klar wie möglich sein, damit die Nutzer*innen sofort verstehen, was zu tun ist. Jeder Text sollte eine konkrete Aufgabe erfüllen und den Nutzer*innen helfen, ihr Ziel zu erreichen – sei es eine Entscheidung zu treffen, eine Aktion auszuführen oder Informationen zu finden.
2. Kontext berücksichtigen
Gutes UX-Writing ist immer kontextabhängig. Berücksichtige den spezifischen Nutzungskontext, in dem sich Nutzende befinden – woher kommen sie, wohin gehen sie, was wissen/tun/sehen/hören sie sonst noch? - und passen Sie Ihre Texte entsprechend an. Der gleiche Text kann in verschiedenen Kontexten unterschiedliche Bedeutungen und Wirkungen haben. Ein tiefes Verständnis des Nutzungsszenarios hilft bei der Erstellung relevanter und nützlicher Texte, die genau dann die richtigen Informationen liefern, wenn die Nutzer*innen sie benötigen.
3. Nutzerzentrierte Sprache
Versetze dich in die Lage der Nutzer*innen und überlege, welche Informationen sie benötigen und in welcher Gemütslage sie sich befinden. Schreibe Texte, die direkt auf ihre Bedürfnisse und Erwartungen eingehen. Verwende eine Sprache und eine Tonalität, die die Nutzer*innen versteht und die sie anspricht. Nutzerzentrierte Sprache bedeutet auch, sich in die Emotionen und Perspektiven der Nutzer*innen hineinzuversetzen und sicherzustellen, dass sie sich verstanden und unterstützt fühlen.
9. Fazit
UX-Writing ist ein zentraler Bestandteil der Benutzererfahrung und trägt massgeblich dazu bei, die Interaktion der Nutzer*innen mit einem digitalen Produkt zu verbessern. Es geht nicht nur darum, Informationen zu vermitteln, sondern darum, die Bedürfnisse der Nutzer*innen in den Mittelpunkt zu stellen und eine nahtlose, intuitive und angenehme Benutzererfahrung zu schaffen.
Unternehmen, die in UX-Writing investieren, schaffen nicht nur benutzerfreundlichere Produkte, sondern auch zufriedenere und loyalere Kunden und Kundinnen. In einer Zeit, in der digitale Produkte und Dienstleistungen immer mehr Raum in unserem Alltag einnehmen, wird UX-Writing zu einer unverzichtbaren Disziplin, die massgeblich dazu beiträgt, dass Nutzer*innen nicht nur lesen, sondern auch interagieren und erleben – und zwar auf eine Art und Weise, die sie begeistert und überzeugt.
Kira Leuthold
Kira Leuthold ist UX-Writerin und Gründerin von The Gondola, dem Schweizer Kompetenzzentrum für UX-Writing. Sie führt UX-Writing-Kurse mit UX-, Marketing- und Kommunikations-
fachpersonen durch, berät Hochschulen beim Integrieren von UX in ihrem Curriculum und doziert UX-Writing auf Bachelor- und Masterstufe. Kira verfügt über einen Masterabschluss in Wirtschaftsinformatik und Unternehmenskommunikation.