Team Work vs New Work? Über neue Formen der Zusammenarbeit

Paperclips on yellow paper and white table
Written by

Die Innere Stärke – Volume 2

Vor (zu) langer Zeit haben wir stolz eine Blogserie zu Kultur- und Employer-Themen angekündigt.  Dass Teil 2 so lange auf sich warten liess, ist der Liebe zu unseren Kundenprojekten geschuldet – bitte verzeiht uns. In der Zwischenzeit durften wir aber genau diese Themen begleiten und beraten, haben Literatur gewälzt und den Markt beobachtet. 

Während einige Unternehmen ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro beordern, lesen wir in Studien, dass die Zahl der «mobilen» Arbeitsmodelle weiter wächst – im Vergleich zur COVID-19-Pandemie sogar um einige Prozentpunkte. Auch bei unseren Bewerbungsgesprächen wird auf die Frage nach den Anforderungen an den Arbeitgeber fast immer die örtliche Flexibilität genannt. Ein Luxus, der längst nicht alle Berufsbilder einschliesst – das ist klar. Im folgenden Blog geht es um Berufe, in denen ein ortsunabhängiges Remote Setup möglich wäre (an dieser Stelle grösste Wertschätzung für Berufe, die uns ortsgebunden pflegen, versorgen, bedienen, transportieren oder beschützen).

Graph of rising number of remote workers Switzerland

2024 kann erstmals die Mehrheit der Arbeitnehmenden in der Schweiz zumindest teilweise ihre Arbeit in mobiler Form erledigen (Quelle: FlexWork Trendstudie der FHNW).

Was es für Team Work braucht

Die Frage lautet: Muss man für eine enge Zusammenarbeit auch nah zusammenarbeiten? Wir wissen: Gemeinsam ist man besser! Im Austausch, im Brainstorming, in der konstruktiven Auseinandersetzung mit Argumenten finden wir die besten Lösungen. Funktionierende Teams brauchen Vertrauen und psychologische Sicherheit: Das ist echte Beziehungsarbeit. 

Ein bestehendes Team, das sich diese Beziehungsbasis schon erarbeitet hat und dann (z.B. wegen einer Pandemie) auf ein Remote-Setup umstellt, ist etwas anderes als ein Team, in dem diese Beziehungsarbeit durch Homeoffice und Remote Work erst gar nicht richtig entstehen kann. Hier verstehen wir Arbeitgeber*innen, die ihre Mitarbeitenden zumindest teilweise zurück ins Büro holen.


Warum wir im Team Remote Work schätzen

Soll das jetzt ein Plädoyer für alle Unternehmen sein, die ihre Mitarbeitenden zurück ins Büro holen? Ganz und gar nicht. Wir lieben Remote Work. Es macht Sinn, um sich für kreative Arbeiten inspirieren zu lassen, Infrastrukturen zu entlasten und nachhaltiger unterwegs zu sein. Unsere Agentur ist seit 10 Jahren in einem Remote-Setup unterwegs – zum Arbeiten braucht man bei uns nur einen Laptop. Tools und Prozesse sind browserbasiert und ermöglichen ortsunabhängige Kommunikation.
 

Wieso es bei uns funktioniert

Wenn wir von ortsunabhängiger Kommunikation sprechen, meinen wir damit auch den Ansatz der asynchronen Kommunikation. Bei der synchronen Kommunikation interagieren Sender*in und Empfänger*in zum gleichen Zeitpunkt: Rückfragen sind erwünscht, meist soll ein Dialog entstehen. Bei der asynchronen Kommunikation sind das Senden und Empfangen von Botschaften zeitlich unabhängig – ob wir nun von E-Mails, Slack-Nachrichten, Sprachnachrichten oder sogar Videobotschaften sprechen (wir haben schon alles ausprobiert). Der Vorteil: Niemand wird bei der Arbeit unterbrochen, da man selbst bestimmen kann, wann man antwortet.

yellow pencil on blue background
construction workers ascending stairs

Warum asynchron nicht immer leicht ist

Asynchrone Kommunikation bedeutet, dass die Anforderungen an Struktur und Klarheit von Nachrichten steigen – schliesslich will man Rückfragen aus Effizienzgründen möglichst vermeiden. Sender*innen müssen sich in die Perspektive der Empfänger*innen versetzen; sich Gedanken machen, was deren Wissensstand ist, und welche Informationen fehlen, um weiter zu arbeiten. 

Solche sorgfältig ausgearbeiteten Botschaften (die aber auch nicht zu informationslastig sein sollten) fallen den meisten nicht einfach so zu. Diese Art der Kommunikation muss zunächst geschult und später gut geübt werden.  

Aus all diesen Gründen eignet sich asynchrone Kommunikation besonders für klare operative Aufgaben, deren Prozesse dokumentiert sind, die regelmässig aufkommen und die wenig kreativen oder interaktiven Input brauchen. 


New Work – Warum ein Umdenken nötig ist

Bisher dreht sich die mediale Diskussion vor allem um das kontroverse Homeoffice – doch das greift viel zu kurz. Denn in einem Remote-Setup kann man konsequenterweise nicht nur zuhause, sondern auch über alle Zeitzonen hinweg von der Berghütte oder vom Surfcamp aus arbeiten (Hallo, Workation!). Dass dafür aber Kommunikationsfähigkeiten und -modelle trainiert, Tools genau evaluiert, Prozesse unmissverständlich dokumentiert, Verantwortlichkeiten geklärt und soziale Interaktionen orchestriert werden müssen, wird oft vernachlässigt. New Work ist nicht nur ein Modewort, sondern harte Arbeit. Um die gesellschaftlichen und ökologischen Herausforderungen zu meistern, braucht es neue Kompetenzen – von Mitarbeitenden, Teams und Organisationen. 
 

Selbstorganisation – das A und O

New Work erfordert viel mehr Selbstorganisation, die wiederum viel Erfahrung voraussetzt. Menschen müssen in der Lage sein, ihre eigenen Dynamiken und die ihrer Kolleg*innen zu erkennen, zu reflektieren und transparent miteinander zu kommunizieren. Joana Breidenbach und Bettina Rollow schreiben in ihrem Buch «New Work needs Inner Work», dass Selbstorganisation ein kulturelles und kein strukturelles Modell ist. Und genau da sehen wir die Herausforderung. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass Homeoffice möglich ist – und viele Arbeitnehmende wollen dieses Privileg nicht aufgeben. Strukturell musste schnell gehandelt werden. Aber die kulturelle Arbeit hat gerade erst begonnen.