Digital first? Wie du deinen Geschäftsbericht ins Digitalzeitalter hievst
Als Kreativ-Agentur mit digitalem Herzen kriegen wir immer wieder Fragen zu Online-Geschäftsberichten gestellt. Heute wagen wir es, die wichtigsten einzuordnen. Wir kommen in guten Absichten und wollen niemandem auf den Schlips treten: Manches will aber gesagt - äxgüsi - geschrieben werden.
Als Kreativ-Agentur mit digitalem Herzen kriegen wir immer wieder Fragen zu Online-Geschäftsberichten gestellt. Heute wagen wir es, die wichtigsten einzuordnen. Wir kommen in guten Absichten und wollen niemandem auf den Schlips treten: Manches will aber gesagt - äxgüsi - geschrieben werden.
Digital first, Fully digital – oder was?
Ja, unsere Branche neigt dazu, mit Anglizismen um sich zu werfen. Aber ob nun der traditionelle Print-Bericht im Fokus bleiben soll, eine Hybrid-Lösung gesucht wird, oder ein komplett digitaler Bericht das Ziel ist: Wichtig ist eine langfristige Strategie. Mindestens die folgenden fünf Fragen sollte man sich da stellen:
- Wie gross ist die potentielle Zielgruppe von interessierten Stakeholder:innen?
- Welche Anforderungen hat die Zielgruppe an den Bericht?
- Gibt es bereits eine Online-Plattform für die Investor Relations?
- Sollen weitere Berichte digitalisiert werden?
- Welche Hauptbotschaften sollen transportiert werden?
Wir sagen: Digital first– ja , Fully digital – nein. Laut dem Center for Research in Financial Communication an der Universität Leipzig stehen die Zeichen aktuell auf Digital first, aber mit einem starken Trend hin zu Hybrid-Lösungen. Das deckt sich mit unseren Erfahrungen: Ein komplett digitaler Geschäftsbericht ist oft schlicht zu ressourcen-intensiv. In den meisten Fällen macht es mehr Sinn, die Vorteile digitaler Kommunikation auf einer Microsite für Hauptbotschaften, Kennzahlen und Storytelling zu nutzen, den Finanzbericht aber weiterhin als PDF anzubieten.
Warum den Finanzbericht als PDF anbieten?
Broker, Analyst:innen und Medienleute haben sich an die standardisierte Form gewohnt. Sie können ganz einfach ein PDF herunterladen, mit Command + F nach den relevanten Zahlen suchen und diese in die entsprechenden Dokumente und Systeme übertragen (so ähnlich stellen wir uns das jedenfalls vor :) ). Im digitalen Geschäftsbericht fehlt diese Standardisierung. Jeder Bericht ist anders strukturiert: Manche Zahlen prangen gross auf der Homepage, andere sind klein irgendwo drei Ebenen tiefer zu finden. Eine Tabelle ist als Bilddatei hinterlegt, die andere ist responsive designt und man kann auf einem Mobile Device durch die einzelnen Spalten wischen. Das macht den Bericht zwar erlebbar, aber die Datenauswertung schwierig.
Unser Tipp: Mit einem einfachen Download-Zugang zum Finanzbericht als web-optimiertes PDF ist das Thema erledigt.
Gibt es online mehr Klicks?
Eine korrekte Erwartungshaltung finden wir hier wichtig: Der interessierte Kreis beschränkt sich meist auf Shareholder:innen und Analyst:innen, die nur punktuell (jährlich, halbjährlich oder quartalsweise) am Geschäftsbericht interessiert sind. Nur, weil man plötzlich auch mobile auf das Dokument zugreifen kann, wächst dieses Interesse nicht. Vielleicht gewinnt der digitale Bericht ein paar Leser:innen, aber das Publikum bleibt abschätzbar. Einen wichtigen Unterschied gibt es aber: Das Leseverhalten auf dem Online-Bericht ist genau messbar. Zugriffe, Lesedauer und Klicks können analysiert werden und ermöglichen Rückschlüsse für die Folgejahre. Also: Nein, nicht mehr Reichweite. Aber mehr Insights.
Welches Content Management System macht Sinn?
Es gibt spezialisierte CMS-Systeme, die sich auf Online-Geschäftsberichte fokussieren. Es macht in jedem Fall Sinn, diese Systeme zu prüfen und eine Kosten-Nutzen-Analyse zu machen. Die bekanntesten Systeme sind proprietär und ziehen deshalb hohe Lizenz-Fixkosten mit sich. Open-Source-Systeme wie Drupal nicht. Von Hosting und Maintenance abgesehen generieren sie keine Fixkosten. Sie sind flexibel ausbaubar und, das Beste: Sie schaffen keine Abhängigkeiten von Dienstleistern. Für hybride Berichte oder eine langfristige Digitalisierungsstrategie sind sie also sehr geeignet. Man kann mit einer unkomplizierten Microsite starten, später den Geschäftsbericht zu Digital first weiterentwickeln und irgendwann Fully digital gehen (oder wieder zur kleinen, aber feinen Microsite zurückkehren.)
Wir sind ein Fan von integrierten Systemen: Oft ist der Geschäftsbericht bereits auf der Unternehmens-Website verlinkt und bei börsenkotierten Unternehmen bestehen schon Seiten für die Investor-Relations. Es ist durchaus zu prüfen, dasselbe CMS zu verwenden, um Synergien zu nutzen und eine unkomplizierte Integration in den gesamten Onlineauftritt zu schaffen. Was uns zur nächsten Frage bringt…
Wieviel sparen wir?
Es ist in der Regel so, dass man mit Online-Reporting keine finanziellen Ressourcen spart; sondern sie anders verteilt. Der Initialaufwand ist relativ gross, das Entwicklungspotential in den Folgejahren aber auch. Steht einmal die Basis, und wählt man ein erweiterbares System, so sinken die Kosten in der Regel merklich. Den grössten ROI hätten wohl die Fully-Digital-Reportings, die Initialkosten sind da aber ungleich höher. Bei den Hybridformen (Teile des Berichts werden als PDF-Download angeboten) entstehen wie bei der Printversion Design-Kosten für das PDF. Die Entwicklung des digitalen Berichtes fällt - zumindest im ersten Jahr - zusätzlich an. Uns ist es wichtig, die Kundschaft zu befähigen, in den Folgejahren bei Bedarf Inhalte selber anzupassen. So werden finanzielle Ressourcen geschont und wir vermeiden eine künstliche Abhängigkeit von der Agentur.
Wer macht was?
Hier geht die «Schlips-Treterei» richtig los. Viele gute Ansätze der digitalen Geschäftsberichte scheitern an Schnittstellen. Und das auf unterschiedlichen Ebenen.
- Technisch: Überblick schaffen
Hilfreich ist ein Inventar, das beschreibt, welche technischen Systeme genutzt werden, welche Schnittstellen es gibt und wo Synergien entstehen. Von der Serverstruktur über die Datenpflege bis hin zur digitalen Distribution: Je besser die Systeme ineinandergreifen, desto schlanker werden die Prozesse.
- Unternehmensintern: Früh kommunizieren
Die Digitalisierung zwingt uns, Silos abzubauen und abteilungsübergreifend zu arbeiten. Die Abteilungen Investor Relations, Finanzen, Unternehmenskommunikation, IT und vielleicht ein bisschen CRM & Branding – alle kommen mit dem Geschäftsbericht früher oder später in Berührung. Unserer Meinung nach: lieber früher als später. Holt man zu Beginn alle Bedürfnisse ab und klärt die Verantwortlichkeiten, schafft man die Grundlage für eine gelungene Integration des Berichtes.
- Auf Seite der Agentur(en): Rollen klären
Oft trifft man bei Geschäftsberichten auch eine gewachsene Agentur-Struktur an. Da ist zum einen die Agentur, die den Print-Teil gestaltet; die PR-Agentur, die grosses Knowhow im Bereich der Berichterstattung mitbringt und oft noch ein weiterer Agenturparner für die digitale Umsetzung. Wir finden es berechtigt, dass der Geschäftsbericht eine Teamleistung ist. Aber auch hier sind ein gemeinsames Kick-off und die Verteilung von klaren Mandaten und Verantwortlichkeiten wichtig.
Macht es Sinn, interne IT Ressourcen zu nutzen?
Klar doch. Als Agenturpartner können wir beispielsweise pixelgenaue Designs und Styleguides zur Verfügung stellen, die dann von internen IT-Ressourcen umgesetzt werden. Oder wir sind in der Konzeptphase schon aktiv und spiegeln später die Designs. Co-Creation is the way to go. Eine externe Perspektive ist aber definitiv zu empfehlen.
Was ist unser Fazit?
Die digitale Finanzberichterstattung hat sich bereits als «State-of-the-Art» etabliert, und weitere Berichte wie Nachhaltigkeits-Reportings werden zunehmends ebenfalls digital umgesetzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: genaue Messbarkeit, mehr Unabhängigkeit, unkomplizierter Zugang, digitale Distribution. Schnittstellen werden weiter verschmelzen, sodass Berichte zukünftig noch besser in die digitale User-Journey und die Unternehmenskommunikation eingebunden sind. Strategisch wichtige Themen, Zahlen und Storys werden auf Teaser-Seiten inszeniert – aber wahrscheinlich werden wir auch in Zukunft noch PDFs zum Download anbieten.